2018 – Im Land der Skipetaren – III

Der Abend am Fluss war einfach großartig, anders läßt sich das nicht beschreiben und ja, Albanien kann man mal machen.
Nach reichhaltigem Frühstücksbuffet auf unserer Kiesinsel geht es durch den Fluß zurück zur Piste … durch den Fluß, da war doch noch was ?!?

Was auf dem Hinweg am Vortag nur Kindergeburtstag war hatte auf dem Rückweg seine Tücken. Vermutlich waren es nur wenige Zentimeter die Lenni auf dem Rückweg vom Kurs abwich aber kurz vor dem erreichen des anderen Ufers ging nichts mehr. Gnadenlos hatte sich Helen im losen Kies eingegraben. So what ? Wir wollten ja sowieso die, kurz vor dem Urlaub montierte, Capstan-Winch mal testen. Das war doch jetzt die Gelegenheit.

Warte mal, hmmm ? Winchen ist ja grundsätzlich eine gute Idee aber irgendwo muß das Seil ja auch festgemacht werden ! Also mit dem Frosch einmal in gerader Linie durch den Bach. Denselben Weg wie Lenni wollten wir dann doch nicht riskieren. Zwei im Kies steckende Fahrzeuge hätte irgendwas mit nassen Füssen, buddeln und Sandblechen zur Folge gehabt … Oooch nööö, nicht wenn sich das vermeiden lässt, wir wollten heute ja schliesslich noch weiter.

Kurz zusammengefasst: Die direkt auf der Welle betriebene Winde ist ne schöne Sache, auch wenn die Handhabung des dicken Seils erstmal ein wenig gewöhnungsbedürftig erscheint. Doof ist wenn sich der Anschluss für das Verbindungsteil im Zuge eines Bergungsversuchs selbst demontiert. Mit einsetzendem Regen brachen wir den Versuch ab und absolvierten erfolgreich einen klassischen Bergevorgang, der Frosch zieht und Helen arbeitet so gut es geht mit.
Die Sonne ging in zweifacher Hinsicht auf und nachdem wieder alles an seinem Platz war konnten wir endlich in unsere nächste Etappe starten

Ab Flussbett führte unser Track uns noch einige Kilometer über einen Mix aus schlechter Piste und passablen Asphaltabschnitten bis nach Tepelena. Ab hier ging es in Richtung Norden. Wir hatten zwischenzeitlich beschlossen unser Tagesziel etwas höher zu stecken, Kurs auf den Ohridsee.
Über Kelcyra führte uns der Weg nach Polican.

Der Ort ist nicht weiter sehenswert, die Infrastruktur jedoch erstaunlich gut. Bei einer Spähfahrt durch die kleine Provinzstadt fanden wir einen, an Albanischen Maßstäben gemessen, gut ausgestatteten “Supermarkt” und einen kleinen Straßenbasar. Versorgt mit Lebensmitteln für die nächsten Tage visierten wir unser ambitioniertes Ziel Piskupat am Ohridsee an.

Wir sind ja auf unsere Art auch irgendwie Wilde, demzufolge kann ein wenig Kulturprogramm nicht schaden. Vorausgesetzt natürlich es liegt am Wegesrand und es führt eine schlechte Wegstrecke hin.
So überraschten wir uns selbst noch mit einem Abstecher nach … wie hieß das noch gleich …. Kulturbanause !! However, die Anfahrt nach “Irgendwo” war geil 🙂
In den Tiefen der Cubbybox müssen die “Eintrittskarten” noch liegen. Ja, richtig gelesen EINTRITTSKARTEN !

Kaum zu glauben aber Mitten im Nirgendwo kommt von Irgendwo ein uralter Golf den Berg hochgeklappert um uns für die Unsumme von umgerechnet Einemeurofünfzig eine echt anmutende Eintrittskarte zu verkaufen. Zu diesem Service gehörte eine persönliche Führung durch die weitläufige Anlage samt Tor, Amphietheater und vielen alten Steinen. Und natürlich einer Hammeraussicht.
Der gute Mann erklärte uns sehr engagiert den gesamten Komplex, dass er dies in einer Sprache tat die von uns keiner verstand störte weder ihn noch uns.


Nach weiteren rund 150 Kilometern gut frequentierten Nationalstraßen, erreichten wir bei leichtem Nieselregen den Ohridsee. WTF, eine kleine Welle der Enttäuschung breitete sich in mir aus. Den Ohridsee hatte ich schon vor einigen Jahren bereist, allerdings immer von der mazedonischen Seite aus. Nie habe ich den See grau, kalt und in leichtem Nebelschleier gesehen. Zweimal hatte ich in den 90er Jahren versucht aus Mazedonien nach Albanien einzureisen. Zweimal war ich an der Grenze gescheitert. Jetzt, viele Jahre später war ich endlich auf der westliche Seite des Sees. Grau schimmern die Gipfel der “Cirna Gora” also der “schwarzen Berge” auf mazedonischer Seite durch den Regen. So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Anstrengende 250 km Tagesleistung liegen hinter uns, die Temperaturen bewegen sich knapp im zweistelligen Bereich und es regnet. Das ist nicht das triumphale Gefühl was ich erwartet hatte. Kurz vor Einbruch der Dämmerung machten wir uns auf die Suche nach einem Lagerplatz. Nach einer Erkundungsrunde waren wir uns einig, eine warme Dusche und ein nicht selbst zubereitetes Abendessen sind auch nicht zu verachten. Daher, ab auf den nächsten Campground.

Als wir auf den Platz direkt am See rollten hatten wir das Gefühl der Platz wäre verlassen und schon bereit für die Winterpause. Das wäre Ende September ja auch nicht weiter verwunderlich gewesen. Noch während wir über mögliche Alternativen nachdachten kam jedoch auch schon ein freundlicher Mitarbeiter um uns zu begrüßen und zu versichern dass der Platz offen sei und Bar und Restaurant selbstvertändlich zur Verfügung stünden.
Als einzige Gäste ließ uns der Gedanke irgendwie nicht los dass für uns gerade eine Saisonverlängerung stattgefunden hatte. Mit etwas schlechtem Gewissen genossen wir alle Annehmlichkeiten der Zivilisation und ließen uns fürstlich bekochen.
Am nächsten Morgen konnten wir, nach einem opulenten Frühstück im Restaurant, dann auch unser Gewissen wieder beruhigen. Unsere Anwesenheit hatte weitere Gäste angelockt so dass wir gegen Mittag von Nachbarn umringt waren.
Zum Aufbruch Zur Flucht war es jedoch schon zu spät und so nutzten wir den Tag zum Ausruhen und für die Wartung der Fahrzeuge. Die uralten Rappelpisten hatten den Landys schon einiges abverlangt. An der, vor dem Urlaub frisch zusammengeschraubten, Serie musste die ein oder andere Schraube nachgezogen werden. Das Gleiche galt für die vorderen Stoßdämpfer vom Frosch, die wir ja auch kurz vor der Tour noch eingebaut hatten.

Ja, ich gestehe Nachbarn sind nicht so unser Ding also war es nach zwei Nächten dringend Zeit für den Aufbruch in die Wildnis … bloß weg. Zivilisation hin oder her, uns zog es wieder auf die Piste und zurück in die Freiheit.

Statistik:
Reisekilometer Anreise Ohridsee ca. 250 km
Standzeit: 2 Nächte
Kosten: Für 2x Übernachtung (2 Fahrzeuge, 3 Personen), 2x Abendesssen & Getränke für 3 Personen, 1x Frühstück für 3 Personen, den ein oder anderen Kaffee und ein schönes Mokkakännchen: ca. 50 Euro